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Stressfrei an die Hausaufgaben - unsere Lerntherapeutinnen geben Tipps, wie es funktioniert

Das Kind hat nach dem Schultag keine Lust, Hausaufgaben zu machen. Das Geschwisterkind tobt lautstark durch die Wohnung und quengelt, weil es endlich auf den Spielplatz gehen möchte. Und ein Termin steht auch noch an. Und genau wenn Eile geboten ist, dauern die Hausaufgaben aus Sicht der Eltern unangemessen lange.

Probleme wie diese führen im Familienalltag häufig zu Stress und Streit - daher suchte die Redaktion des Zeitungsverlags Waiblingen den Kontakt zu den Expertinnen der PTE: Die Lerntherapeutinnen Alexandra Stuckert und Kerstin Maier gaben Tipps, wie es besser funktionieren kann.

Hausaufgabenbetreuung: Die Rolle der Eltern

„Unserer Erfahrung nach hat die Verantwortung der Eltern bei der Hausaufgabenbetreuung in den letzten Jahren zugenommen“, berichtet Sozialpädagogin Alexandra Stuckert. Die wenigsten Grundschulkinder setzten sich in ihr Zimmer und kämen nach dreißig Minuten mit fertigen Hausaufgaben wieder heraus. Diese Erwartung sei unrealistisch. Oft gäbe es Aufgaben, die ohne 1:1-Betreuung nicht funktionieren. Zudem sei das „sich selbst zu organisieren und das Lernen zu lernen ein Prozess, der sich meistens über mehrere Jahre hinzieht“, so Kerstin Maier. „Die meisten Kinder brauchen dabei Unterstützung.“ Wichtig für Eltern sei, sich ihre Rolle als Lernbegleiter bewusstzumachen und keine zu hohen Erwartungen an die Selbstständigkeit und Leistungsfähigkeit ihres Kindes zu haben.

Hausaufgaben: Zeit freischaufeln und begrenzen

„Man sollte sich die Hausaufgabenzeit als Präsenzzeit freischaufeln “, erklärt Stuckert und beruhigt: Das bedeute meistens nicht, dass die Mutter oder der Vater immer die ganze Zeit daneben sitzen müssten. Es gehe aber darum, dem Kind zu vermitteln „Ich bin da“ und zwar nicht mit zwei Stockwerken dazwischen, sondern greifbar. Aber: Viele Kinder brauchen besonders am Anfang der Hausaufgabenzeit Aufmerksamkeit. Stuckert: „Es ist immer gut, wenn man vielleicht gemeinsam den Ranzen auspackt und positives Interesse zeigt.“ Vielleicht nachfragt: Zeig mal her, was hast du denn heute mitgebracht? Und anschließend gemeinsam Aufgaben unterteilt.

Der Arbeitsplatz und der zeitliche Rahmen

In den meisten Familien mit Grundschulkindern werde nach dem Mittagessen der Tisch abgewischt, um dort anschließend die Hausaufgaben zu erledigen, berichtet Lerntherapeutin Kerstin Maier. Der horrend teure ergonomische Schreibtisch und dazugehörige Stuhl seien also meistens überflüssig. „Wichtig ist, dass Eltern sich klarmachen, dass ihr Kind schon einen langen Schultag hinter sich hat und dass es eine Leistung ist, sich noch einmal hinzusetzen“, so Maier. Das sollte man auf jeden Fall anerkennen. „Es hilft, einen zeitlichen Rahmen festzulegen und sich daran zu halten.“ Das helfe dem Kind, sich noch einmal zu motivieren, dem Geschwisterkind, sich in dieser Zeit zurückzunehmen und der gesamten Familie, um den mit den Hausaufgaben verbundenen Stress für alle Beteiligten zu begrenzen.

30 Minuten konzentriertes Arbeiten in den ersten Klassen, maximal eine Stunde in Klasse 3 und 4 - mehr sollte es nicht sein. Stuckert: „Dabei geht es nicht ums Trödeln und in die Luft schauen, sondern um konzentriertes Arbeiten. Was nach der Zeit nicht erledigt ist, sollten Eltern für die Lehrerin im Hausaufgabenheft vermerken.“ Mut zur Lücke also. Dabei helfe es, sich bewusst zu machen, dass Erholung und Freizeit genauso wichtig für die gesunde Entwicklung von Kindern sind, wie die Lernzeit. Zudem sei Geduld angesagt. Es ein Prozess, der an manchen Tagen vielleicht gut klappe, an anderen weniger. Generell gelte: „Falls der Schul- oder Hausaufgaben-Stress den Familienalltag zu sehr bestimmen, sollte man mit der Lehrerin ins Gespräch gehen oder sich anderweitig Hilfe suchen.“ Manchmal könne es auch eine Lösung sein, die Hausaufgabenbetreuung ,auszulagern‘.

Drei-Minuten-Pausen mit Bewegung und Lachen

„Pausen sind unglaublich wichtig“, sagt Alexandra Stuckert. Dabei gehe es um zwei bis drei Minuten, damit das Kind nicht zu sehr „rauskomme“. Welche Aktivität sich für die Pausen eignet sei unterschiedlich. „Bewegung ist natürlich immer gut, einmal kurz lachen auch“, erklärt Kerstin Maier und ihre Kollegin ergänzt. „Das Spiel Schnick-Schnack-Schnuck als Pantomime ist zum Beispiel sehr beliebt.“

Wohin mit dem Geschwisterkind?

Wenn ein Schulkind und ein jüngeres Kind am Nachmittag zu Hause sind, sind Interessenskonflikte nahezu vorprogrammiert. Ganz wichtig: Der zeitliche Rahmen für Hausaufgaben sollte dann zuverlässig eingehalten werden. „30 Minuten kann man in der Regel auch ein Geschwisterkind still beschäftigen“, erklärt Alexandra Stuckert. „Bei mehreren Kindern gehe es besonders darum, gute Rituale auszuprobieren und zu finden, die für alle Beteiligten umsetzbar sind“, erklärt die Pädagogin. Dabei könne man die Kinder ruhig fragen und ihre Ideen miteinbeziehen.

Aber leider gebe es kein Patentrezept, das für jede Familie passe. „Manchmal möchte das jüngere Kind mit am Tisch sitzen und bekommt vielleicht eine Schatzkiste mit ruhigen Aktivitäten, die es nur in der Hausaufgabenzeit auspacken darf“, nennt sie ein Beispiel. Oder aber das Schulkind sei zu sehr abgelenkt, wenn das andere Kind mit am Tisch sitze. Dann müsse man umdenken und die Kinder räumlich trennen. Wichtig ist: „Sind das Setting und die Struktur einmal klar, sollte man sich möglichst konsequent daran halten. Tägliche Änderungen und Diskussionen erhöhen das Stresslevel umso mehr“, berichtet Stuckert.

Sind Fernsehen und andere "digitale Babysitter" eine Lösung?

„Ich würde nicht sagen, dass man ein Geschwisterkind niemals nie vor den Fernseher setzen kann, wenn die Hausaufgabenbetreuung es unbedingt erfordert“, sagt Kerstin Maier. Das sollte aber eine Notfalllösung bleiben. Nicht nur aus medienpädagogischen Gründen. „Es wäre ja auch für das Schulkind unfair, das eigentlich bestimmt auch gerne Fernsehen schauen möchte und sich dann noch schwerer für die Hausaufgaben motivieren kann“, sagt Alexandra Stuckert.

Quelle

Von Anne-Katrin Walz, in der ZVG, Veröffentlicht: 14.02.2024

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