Schulverweigerer

Keinen Bock auf Schule - von Schulverweigerern und Schulabbrechern

Schüler aller Altersgruppen gewöhnten sich während der Pandemie zu Hause an das Nichtstun, vernachlässigten ihre Aufgaben und fühlten sich bei der Rückkehr auf die Schulbank überfordert. Nun haben Schulen bundesweit nicht nur mit Lernrückständen zu kämpfen, sondern schlagen Alarm: die Zahl an Schulverweigerern habe rapide zugenommen. Und nicht nur das – man erwartet, dass in diesem Jahr doppelt so viele Jugendliche wie vor der Pandemie die Schule ohne Abschluss verlassen.

Schule schwänzen gilt in vielen Filmen und Jugendromanen als amüsantes Kavaliersdelikt. Doch
was uns hier zum Lachen bringt, ist in Wirklichkeit eine ernste Sache. Dahinter verbirgt sich oft eine massive Verweigerungshaltung. Diese hat sich über einen längeren Zeitraum allmählich aufgebaut und gipfelt darin, dass der Besuch der Schule verweigert wird. Doch es gibt Maßnahmen, die dem entgegenwirken. Sie haben zum Ziel, die sich verweigernden Schüler*innen aufzufangen und dabei zu unterstützen, einen Schulabschluss erreichen. Das ist dringend notwendig, denn die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter erwartet, dass in diesem Jahr rund 104.000 Jugendliche ohne Abschluss die Schule verlassen werden – und damit etwa doppelt so viele wie in Nicht-Pandemiejahren. Dies ist nicht nur für die Betroffenen ein Problem, sondern auch für die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt.

Schwänzen als Einstieg zum Abstieg

Die weiteren Zahlen sind nicht minder alarmierend und besonders betroffen sind Kinder aus sozial schwachen Familien und solche mit Migrationshintergrund. Familiäre Probleme spielen hierbei meist eine größere Rolle als schulische. Durch die Lockdown-Phasen während Corona haben viele Schüler*innen den Anschluss an das Lernniveau der Klassen verloren, das verstärkt die Neigung zu schwänzen. Vor allem Kinder, die schon vor der Pandemie Schwierigkeiten hatten, regelmäßig und konsequent am Unterricht teilzunehmen, leiden unter den Folgen. Bei Kindern, die bereits vor der Pandemie von Entwicklungsrisiken betroffen waren, müsse eine gute Begleitung und Unterstützung für die nächste Zeit gesichert werden. Experten gehen weiter davon aus, dass die Folgen der Pandemie erst in den kommenden Jahren sichtbar werden: "Viele unserer Kinder haben in den vergangenen zwei Jahren Rückzugstendenzen entwickelt, sie sind sehr ungeübt im Austragen von Konflikten." Einige hielten es nicht mehr mit 30 Kindern in einem Raum aus.


Hilfe bei Schulverweigerung

All dies muss im Umgang mit dieser Problematik beachtet werden. Die Verweigerungshaltung beginnt im Kopf und ist oft mit sichtlicher Unaufmerksamkeit oder Stören des Unterrichtes verbunden. Nach den ersten unentschuldigten Fehltagen folgen Elterngespräche in der Schule. Bei längerem Wegbleiben vom Unterricht werden rechtlich-disziplinarische Maßnahmen erst angedroht und schließlich auch durchgeführt. Doch die Durchsetzung der Schulpflicht mit der Abholung durch die Polizei und der Androhung von Ordnungsgeld führt kaum zu einem Umdenken bei den Betroffenen.

Hier sind pädagogische und psychologische Maßnahmen gefragt. Eine davon ist das Projekt „Heute Schule – Morgen Erfolg“. Es wird seit 2012 erfolgreich an der Werkrealschule Schwäbischer Wald in Mutlangen angeboten. Träger dieser Maßnahme sind die Pädagogisch Therapeutischen Einrichtung (PTE) und die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Aalen. Dabei werden die sich verweigernden Schülerinnen und Schüler während der Unterrichtszeit von psychologisch ausgebildeten Lerntherapeutinnen der PTE individuell betreut. Die AWO geht parallel direkt in die Familien, um die dort vorherrschenden Probleme mit allen Familienmitgliedern zu bearbeiten. Die Finanzierung dieser kombinierten Maßnahme erfolgt zentral über das Jugendamt als Sonderform der Sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH).
Bei Projektbeginn hat sich die Bereitschaft der betroffenen Familien zur Durchführung der Maßnahme als kritischer Faktor erwiesen. Doch als die ersten Eltern bereit waren, die Unterstützung anzunehmen, stellten sich bald die gewünschten Verbesserungen ein. Die frühere Schulleiterin der Werkrealschule Schwäbischer Wald, Sabine Hilbich, beurteilt den Erfolg folgendermaßen: „Erfolgreich verläuft das Projekt aus Schulsicht, wenn die beteiligten Schüler*innen einen Schulabschluss erreichen. … Die ersten beteiligten Schüler*innen erreichten alle den Hauptschulabschluss und eine entschloss sich sogar, die 10. Klasse zu besuchen, um die Mittlere
Reife zu erreichen. Sie absolviert derzeit die Abschlussprüfungen in Klasse 10.“ Aus den Erkenntnissen, die aus diesem Projekt gewonnen wurden, wurde eine Fachfortbildung entwickelt. In mehrtägigen Seminaren werden Lehrkräfte und Sozialpädagog*innen über das Thema Schulverweigerung eingehend informiert. Dabei geht es unter anderem um die möglichen Ursachen von Schulverweigerung, ihren Entstehungsverlauf aber auch die verschiedenen Formen der
Schulverweigerung. Außerdem wird darüber informiert, wo Anlaufstellen für Hilfe und Beratung zu finden sind.

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